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Was ist grüner Wasserstoff?

Ein Kommentar von stellv. Institutsleiter Dr.-Ing. Andy Gradel

Die Frage nach der Farbe

Vielerorts wird zur Beschreibung von nachhaltig bzw. erneuerbar hergestelltem Wasserstoff die Farbe Grün verwendet. Zunächst ein Fakt: Wasserstoff ist niemals grün, Wasserstoff ist immer farblos.
Dennoch haben sich die Europäische Kommission sowie die Bundesregierung und viele weitere Instanzen Gedanken gemacht, wie man Kriterien für eine nachhaltige und klimafreundliche Produktion in gesetzliche Rahmenbedingungen packen kann. Im Gesetz tritt das Wort „Grün“ nur ein einziges mal im EEG auf und bezieht sich dort (da es ein Gesetz zur Regelung der Herstellung- und Verwendung von erneuerbarem Strom ist) ausschließlich auf die Einordnung von Wasserstoff aus der Elektrolyse.

Hier einige wichtige Fakten zur Einordnung von nachhaltig erzeugtem Wasserstoff:

Geltende Regularien auf EU-Ebene

Die sogenannte RED II, also die europäische Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen ist die Vorlage der EU-Kommission zur Erreichung der europäischen Klimaziele.

Diese ist sehr umfangreich und thematisiert nachhaltige Strom-, Wärme- und Kraftstofferzeugung. Da Wasserstoff vor allem im Kraftstoffsektor eingesetzt wird und hier 2018 noch keine Regeln für Elektrolysewasserstoff geschaffen wurden, hat man für strombasierte Kraftstoffe im Februar 2023 die Delegierte Verordnung (EU) 2023/1184 der Kommission vom 10. Februar 2023zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates durch die Festlegung einer Unionsmethode mit detaillierten Vorschriften für die Erzeugung flüssiger oder gasförmiger erneuerbarer Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs für den Verkehr nachgereicht.

Die Überschrift „erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs“ lässt schon vermuten, dass dieses Dokument alles ist, aber keine Definition von „Grünem Wasserstoff“. Es regelt die Anerkennungsfähigkeit für gewisse Vorteile (Steuervorteile, Förderprogramme dank ambitionierter Ausbauziele und die Berechtigung zur Anrechnung auf die THG-Minderungsziele über Instrumente wie den THG-Quotenhandel) für strombasierte Treibstoffe, also auch Derivate des Elektrolysewasserstoffes wie E-Fuels.

Wasserstoff aus der Elektrolyse mittels Strom erhält nun diese Vorteile, wenn er (stark vereinfacht):

  • mittels Direktbezug von Strom aus einer Erneuerbaren Energie (EE) Anlage ohne Netz,
  • mittels Bezug von Netzstrom in einer Gebotszone mit mehr als 90% EE-Anteil,
  • mittels Bezug von EE-Strom über ein Power Purchase Agreement (PPA) oder
  • mittels Bezug von Strom, der das ein Herunterfahren einer EE-Anlage im Zuge einer Redispatch-Maßnahme vermeidet.

hergestellt wird. Die genauen Regeln hierfür sind deutlich komplexer und derzeit eine Herausforderung für alle Elektrolysebetreiber, dies soll hier nicht weiter vertieft werden. Es gibt aber noch eine weitere, derzeit von der EU anerkannte Methode:

Wasserstoff aus biogenen Reststoffen wurde von der EU seit Beschluss der RED II 2018 als „fortschrittlicher Biokraftstoff“ zur Anrechnung auf die THG-Minderungsziele zugelassen, wenn:

  • „Einschlägige Nachhaltigkeitskriterien“ eingehalten werden. Das heißt, die Biomasse muss geltende Nachhaltigkeitsnachweise wie in den Sure- oder REDCert-Zertifikaten für Strom und Biomethan erfüllen. Bestenfalls ist er rein aus Reststoffen nach Anhang IX der Richtlinie hergestellt.

Der viel Diskutierte Rechtsakt ist kein Ausschluss von biogenem Wasserstoff aus jeglichen CAPEX-Förderungen oder CO2-Handelsinstrumenten, nur eine Definition der Anrechnungsfähigkeit von strombasiertem H2, hier noch eine schöne Erklärung der Kommission. Fortschrittliche Biokraftstoffe genießen zwar so nicht den gleichen Mindeststeuersatz und haben auch andere Ausbauziele we RFNBOs, sind aber genauso zur Anrechnung zugelassen und dementsprechend auch aus keiner Förderfähigkeit genommen oder benachteiligt. Führende Förderprogramme wie die der NOW berücksichtigen das seit Langem.

Jenseits vom THG-Quotenhandel im Verkehr bestehen prinzipiell kaum Einschränkungen für den Einsatz von Wasserstoff welcher Art auch immer, Zertifikatsverpflichtete Unternehmen können bei vorliegender CO2-Bilanz ihre eingesetzten Energieträger bilanzieren und verrechnen.

Geltende Regularien auf Bundesebene:

Die Bundesregierung hat sich im Mai 21 mit Beschluss des Gesetzes in §37b des BImSchG, Absatz 8 zur Umsetzung der in RED II gegebenen Möglichkeiten für eine Sonderregelung für Wasserstoff aus biogenen Quellen lt. RED II (Tabelle auch in der 38. BImSchV schon für Biomethan Copy-Paste zu lesen) als fortschrittlicher Biokraftstoff entschlossen. Unserer Kenntnis nach ist Deutschland damit die erste Nation, wir sind aber auch die weitgehend einzige mit den entsprechenden Technologien. Derzeit bearbeitet das 6. Referat des BMUV die Ausarbeitung der Verordnung , folgendes ist uns hierzu (ohne Gewähr) bekannt:

  • Die Regelung gemäß §37d Absatz 2 Satz 1 Nummer 19 erfolgten März 2024 in der 37. BImSchV (Veröffentlichung der Berechnungs- und Nachweisverfahren für die Anerkennung im Quotenhandel)
  • Ziel des generellen Ausschluss in §37b war es, eine großskalige Verwendung von bilanziellem Biogas aus Nahrungsmitteln (Thema Teller-Tank-Diskussion) zu vermeiden
  • Jeglicher Energiepotenziale von nicht verfütterbaren Reststoffen, v.a. Gülle/Mist/Klärschlamm und viele mehr, sollen bestmöglich erhoben und genutzt werden, daher auch die Anerkennung als fortschrittlich (2-fache Quote + Effizienzfaktor im Fahrzeug)

Seit März sind also mit finalem Beschluss der Verordnung die Regeln auf dem deutschen Markt klar gesteckt. CO2-Erlöse darf Elektrolysewasserstoff nach den Vorgaben des delegierten Rechtsaktes sowie biogener Wasserstoff nach den Regeln der Erneuerbare Energien Richtlinie der EU genießen.

Zudem erwarten wir in Kürze auch mehr Technologieoffenheit in anderen Märkten danke eines weiteren in Arbeit befindlichen Rechtsaktes, der

Gängige Zertifikate:

Im Moment existiert noch kein Zertifizierungssystem, das für Grünen Wasserstoff aus der Elektrolyse anwendbar bzw. für den Quotenhandel zugelassen ist.

Biowasserstoff hingegen genießt die Regelungen eines fortschrittlichen Biokraftstoffes und kann daher heute schon im anerkannten System von REDCert oder ISCC zertifiziert werden, so erstmalig geschehen bei der BtX energy GmbH im April 2024.

Außerdem gibt es zwei weitere freiwillige „Green Hydrogen“ Zertifikate mit hohem Bekanntheitsgrad, das EU-weit verbreitete „CertifHy“ und das deutsche CMS 70 des TÜV Süd. Hier wird Wasserstoff als „grün“ bezeichnet, sobald er 70 % THG-Minderung erreicht, gelistete Technologien sind Elektrolyse, Dampfreformierung und Biomassevergasung bzw. Pyrolyse. Die Zertifikate werden jedoch nicht für den CO2-Handel anerkannt und sind rein freiwillig.

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